Ohne Vorlage geht gar nichts!
Vor ein paar Tagen stieß ich beim Stöbern durchs Internet auf ein interesantes Buch:
"Neue Energie Bilder in Acryl". Besonders hat mir der Satz gefallen: "Die spirituelle Stärke eines mit Pinsel und Farben geschaffenen Bildes jedoch darf erst sein Maler selbst entdecken. Ob beruhigend, heiter & kreativ oder mit einem Chakra für Kommunikation & Inspiration – diese Energie-Bilder tragen ihren Namen nicht ohne Grund".
Irritiert hat mich dann doch der Zusatz "Vorlagen im Buch + Vorlagenbogen. Dazu geben einige Vorlagen vor, wie das Motiv richtig gelingt."
Irgendwie komisch! Der Maler soll sich selbst und die spirituelle Stärke eines Pinsels und der Farben entdecken und was soll dabei bitteschön der Vorlagenbogen?
Für mich passt freies Malen - auch gerne Abstrakt - und der Vorlagenbogen gar nicht zusammen. Irgendwie ein NOGO!
Bei schwierigen und sehr detailreichen Bilder mag das ja noch Sinn machen, aber was bitte sucht ein Vorlagenbogen in solch einem Buch?
Ich frage mich schon eine ganze Weile: Müssen alle Motive neuerdings "Mundgerecht" geliefert werden? Ist niemand mehr in der Lage ein Motiv abzumalen? Will niemand mehr durch das Abmalen etwas lernen? Ich habe viel durch das "Kopieren" gelernt. Das Lernen hat meine Fähigkeiten bereichert. Ist der Vorlagenbogen denn nicht das gleiche? Wohl kaum! Er fördert nicht die künstlerischen Fähigkeiten, er schränkt sie ein.
Denn all das, was die Malerei ausmacht, stellt er als Absurdum hin. Das freie Malen, von der Skizze bis zum fertigen Bild und die Idee, die ein Motiv erst möglich macht, existieren nicht mehr. Die Vorlage zum abpausen wird zum eigentlichen künstlerischen Akt erkoren.
Hat das noch etwas mit künstlerischer Entwicklung zu tun? Ich glaube hier haben einige findige Geschäftsleute entdeckt, dass man eine bestimmte Zielgruppe bei Laune halten kann.
Der Vorlagenbogen ersetzt die Idee und die Fähigkeiten die man nicht hat. Die meisten Bücher und Magazine, die sich mehr oder minder mit dem Thema Malen beschäftigen, sind voll mit schönen dekorativen Motiven mit Vorlagenbogen. Ohne Vorlagenbogen geht gar nichts mehr. Macht man mal ein anspruchsvolles Buch oder eine DVD ohne, blockt gleich der Fachhandel. "Ist da auch ein Vorlagenbogen mit drinn"?
Was haben eigentlich die Hobbykünstler gemacht als es noch keinen Vorlagenbogen gab?
Die Zielgruppe, wer immer das auch sein mag, möchte den Vorlagenbogen. So kann man es immer wieder hören. Sogar in meinem Umfeld will man mir einreden, dass bei jedem Motiv, jedem Video eine Vorlage dabei sein muss. "Der Bettag ist schwieirig" höre ich die ein oder andere Redaktion oder Programmleitung sagen. Nur weil ich mich nicht anpassen möchte. Ich habe nichts gegen eine Vorlage, wenn sie Sinn macht. Aber Sinn und Unsinn liegen wohl nah beieinander.
Ich verweigere mich! Denn mir fehlt bei all dem ganzen Geschrei die Fantasie, die Idee und die Liebe zur Technik. Und nur dadurch kann man seinen eigenen Stil erlernen; sich persönlich weiterentwickelt. Vielleicht kommt ja nicht immer das hinten raus was man erwartet. Aber mal ehrlich, macht es nicht mehr Spaß was eigenes auf die Beine - auf den Keilrahmen - zu bringen?
Durch das Abmalen lernen Sie, durch den Vorlagenbogen lernen Sie nix! Überlassen Sie getrost die schönen bunten Motive den Spaßvögeln, die Ihnen einreden wollen, wie Sie Ihr Heim verschönern und gleichzeitig über Nacht zum Künstler mutieren.
Für die, die sich ernsthaft mit der Malerei beschäftigen wollen, habe ich die Rastermethode ausgegraben und ein wenig vereinfacht. Denn mit dieser Methode kann man Motive so übertragen und vergrößern, dass noch genügend Platz für eigene Interpretationen bleibt. Das Motiv oder die Skizze verändert sich ganz von alleine durch die Vergrößerung. Es entstehen eigenständige Bilder und keine schlechten Kopien. Und mal ehrlich, macht das nicht viel mehr Spaß?
Ihr Franz-Josef Bettag